DACHBEGRÜNUNG ALS SCHUTZSCHILD VOR WETTEREXTREMEN UND VERWITTERUNG
Auch die grüne Branche muss sich an den Klimawandel anpassen. Die Bauwerksbegrünung kann Gebäude vor extremer Hitze und Starkregen schützen. Was die Dachbegrünung in Zukunft leisten kann, steht bald in der überarbeiteten ÖNORM L 1131.
Mittlerweile leben ca. 75 Prozent der europäischen Bevölkerung in Städten. Wohn- und Arbeitsräume müssen dichter gebaut werden, um den Bedarf zu decken. Bauwerksbegrünungen sorgen nicht nur dafür, dass die Natur wieder ein wenig näher rückt. Green Buildings reduzieren CO2, kühlen im Sommer, wärmen im Winter, verringern die Schadstoffbelastung und wirken sich positiv auf die menschliche Gesundheit aus.
Grüne Fassaden oder Dächer können weitere Funktionen erfüllen – gerade auf Dachflächen, die es wie Sand am Meer gibt. Dachbegrünungen können mit einer Regenwasserbewirtschaftung, Solarmodulen oder Biodiversität verknüpft werden.
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WIE WIRD AUS EINER DACHBEGRÜNUNG EIN MULTIFUNKTIONALES DACH?
Die Dachbegrünung ist ein Teil der Bauwerksbegrünung – neben der Fassaden- und Innenraumbegrünung. Sie kann Dachgärten beinhalten oder eine größere, ganzheitliche Begrünung mit notwendigem Unterbau.
Es wird unterschieden zwischen:
- Extensive Dachbegrünungen
Sie beginnen bei einer Aufbauhöhe von 8cm. Das Vegetationsbild bestimmen niedrig wachsende Pflanzen wie Moose, Kräuter oder Gräser.
- Intensive Dachbegrünungen
Sie beginnen bei einer Aufbauhöhe von 20cm. Es werden fast alle Pflanzenarten verwendet – bis hin zu Bäumen. Die Intensive Dachbegrünungen ist begehbar. Sie kann alle Funktionen eines Gartens übernehmen und ist Lebensraum für die Tierwelt. Dementsprechend höher ist der Pflegeaufwand.
In der ÖNORM L 1131 steht, worauf es in der Dachbegrünung ankommt
Wie eine ökologisch-wertvolle Dachbegrünung umgesetzt wird, beschreibt die ÖNORM L 1131 „Gartengestaltung und Landschaftsbau – Begrünung von Dächern und Decken auf Bauwerken“. Der österreichische Standard definiert die Anforderungen an die Planung, Ausführung und Erhaltung.
Wichtige Kriterien sind zum Beispiel:
- Substrat/Vegetationstragschicht
Sie bietet den Wurzelraum für Pflanzen und zur Speicherung von Wasser und Nährstoffen. Empfohlen werden offenporige Schüttstoffe (z. B. Tonhartbrand oder Blähschiefer), die mit organischen Substanzen (z. B. Kompost) vermischt werden.
- Drainage- und Speicherschicht
Sie besteht aus mineralischen Schüttstoffen und Dränelementen mit und ohne Wasserspeicherfunktion. Sie speichert Wasser, leitet aber auch das überschüssige Wasser kontrolliert ab.
- Filterschicht
Sie besteht aus durchwurzelbaren und wasserdurchlässigen Geotextilien. Sie trennt die Vegetationsschicht von der Drainage- und Speicherschicht.
- Vegetationsschicht
Sie besteht aus der Begrünung – bodenbedeckend und/oder in die Höhe wachsend. Sie kann Regenwasser aufnehmen, zwischenspeichern oder in die Drainageschicht ableiten. Sie bietet Lebensraum für verschiedenste Tierarten.
Für geneigte Dächer sollten Rutsch- und Schubsicherungen angebracht werden. Wichtig ist auch die Wasser- und Nährstoffversorgung der Pflanzen. Je nach Pflanzenwahl müssen bis zu vier Pflegedurchgänge pro Jahr eingeplant werden.
Empfohlene Standards FÜR DIE BAUWERKSBEGRÜNUNG

ÖNORM L 1136:2021 04 01
Vertikalbegrünung im Außenraum - Anforderungen an Planung, Ausführung, Pflege und Kontrolle
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ÖNORM L 1131:2010 06 01
Gartengestaltung und Landschaftsbau - Begrünung von Dächern und Decken auf Bauwerken - Anforderungen an Planung, Ausführung und Erhaltung
Jetzt bestellenWAS KANN EINE DACHBEGRÜNUNG VON MORGEN LEISTEN?
Die ÖNORM L 1131 „Gartengestaltung und Landschaftsbau – Begrünung von Dächern und Decken auf Bauwerken“ wurde 2010 veröffentlicht. Sie wird jetzt überarbeitet.
Ihre Expertise zur Bauwerksbegrünung ist gefragt
Dachbegrünung wird bei Austrian Standards im Komitee 229 „Grünräume“ behandelt. Hier werden Standards für die Bauwerksbegrünung entwickelt.
Bringen Sie jetzt Ihr Know-how ein, z. B. für die Regenwasserbewirtschaftung, Solarnutzung oder Biodiversität von Dachbegrünungen.
„Ein großer Vorteil von Dachbegrünungen ist der Wasserrückhalt und der zeitlich verzögerte Regenwasserabfluss“, beschreibt Christian Oberbichler, Geschäftsführer der Dachgrün GmbH, einen Grund für die Überarbeitung der ÖNORM L 1131.
Der Experte arbeitet im Komitee 229 „Grünräume“ mit. Er beschreibt: „In den letzten 10 Jahren hat sich viel getan. Eine Dachbegrünung muss heute mehr können. Mit einem Retentionsgründach kann ein Gebäude mehr Regenwasser aufnehmen. Das entlastet die Kanalisation bei Starkregen und wirkt Überschwemmungen entgegen.“
Bei der Überarbeitung der ÖNORM L 1131 gibt es neben der Regenwasserbewirtschaftung zwei weitere Schwerpunkte. Die Solarfunktion wird als Zusatznutzung eines Dachs mitbedacht, damit Photovoltaikmodule gut zwischen Substrat und Vegetation installiert werden können. Mit der Biodiversität fließen Spezifizierungen zur Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren in den überarbeiteten Standard.
„Die moderne Bauwerksbegrünung ist eine Technik, um Erholungsraum zu schaffen und Bauwerke landschaftlich einzubinden. Wenn Pflanzen am richtigen Standort verwendet werden, können sie ihre Dienstleistungen erbringen“, fasst Christian Oberbichler einen Nutzen zusammen. Er ergänzt: „Pflanzen kühlen durch Verdunstung und sie beschatten. Sie leisten einen Beitrag für die Gesundheit, den Klimaschutz und die Kreislaufwirtschaft.“
GIBT ES EINEN MONETÄREN NUTZEN DER BAUWERKSBEGRÜNUNG?
Bauwerksbegrünungen unterstützen den Green Deal und den Klimaschutz. Sie haben nicht nur positive Effekte auf die Umwelt. Sie schaffen neue Arbeitsplätze und steigern den Wert einer Liegenschaft um durchschnittlich sechs Prozent.
Die Vorteile auf einen Blick:
- Energieeffizienz
Bauwerksbegrünungen halten kühl und dämmen. Eine Fassadenbegrünung hält ein Gebäude im Sommer um ca. fünf Grad kühler, im Winter um ca. sieben Grad wärmer. Das senkt die Energiekosten.
- Sanierung
Bauwerksbegrünungen wirken als Schutzschild gegen Verwitterung der Fassade und des Dachs. Sie schützen vor der UV-Strahlung, Temperaturextreme oder Hagelschlag. Das senkt die Sanierungskosten.
- Gesundheit
Innenraumbegrünungen sind gut für die Raumklimatisierung, befeuchten die Luft, binden Staub oder reduzieren Lärm. Menschen fühlen sich wohler. Das steigert die Produktivität.
- Wirtschaft
Begrünte Fassaden, Dächer oder Innenräume kurbeln den Wachstumsmotor an. Sie bringen in Österreich schätzungsweise bis zu 33.000 neue Arbeitsplätze. Die Green Jobs braucht es für das verfügbare Flächenpotenzial.

NACHHALTIGES BAUEN BRAUCHT KNOW-HOW UND KOSTENWAHRHEIT
Dass die Baubranche „grüner“ werden muss, ist unbestritten. Doch wie läuft die Umsetzung in der Praxis? Über die Herausforderungen, Chancen und Verantwortlichkeiten sprachen Bauexperten am 6. Oktober beim 2. Virtuellen Baustammtisch von Austrian Standards.
Haben Sie weitere Fragen zum Thema? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
