Freier Zugang und sicheres Wasser für alle

  • Announcement
2019-03-19

Der Welt-Wassertag am 22. März bringt die Bedeutung der globalen Ressource Wasser in den Vordergrund. Viele Millionen Menschen weltweit haben keinen freien Zugang zu qualitativ einwandfreiem Wasser. Internationale Standardisierungsorganisationen arbeiten inzwischen daran, dass sich das ändert. Österreich ist schon weit voraus

Wien (AS prm, 19.03.2019)

Rund 70 Prozent der Erdoberfläche werden von Wasser bedeckt, aber nur ein Bruchteil davon ist Süßwasser und somit unmittelbar für Menschen nutzbar. Verfügbares Trinkwasser ist ungleich über den Globus verteilt, häufig verschmutzt oder nicht frei zugänglich. 783 Millionen Menschen haben laut UNICEF-Angaben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. 4,5 Milliarden Menschen haben keine sicher verwalteten sanitären Einrichtungen, insbesondere in ländlichen Gebieten.

Der Welt-Wassertag am 22. März soll die Bedeutung von Trinkwasser in den Mittelpunkt rücken. Die diesjährige Ausgabe "Niemanden zurücklassen" passt das zentrale Versprechen der Agenda 2030 an, dass die durch nachhaltige Entwicklung erzielten Fortschritte für alle verfügbar sein sollen.

Die Agenda ist ein Fahrplan der Vereinten Nationen zur Transformation der Welt bis 2030 und enthält ein Nachhaltigkeitsziel, das sich speziell dem Wasser widmet. International wurden mehr als 1.400 Standards mit Bezug auf Wasser entwickelt, die jeweils die besten Praktiken in einer Reihe von Sektoren wie Wasserqualität, Wasserversorgung, Abwasser- und Sturmwassersysteme sowie Infrastruktur repräsentieren. Vor allem ein neuer Standard für die Wasserwiederverwendung könnte erhebliche positive Auswirkungen auf die weltweite Wasserknappheit haben.

Bevölkerungsanstieg bedeutet Versorgungsknappheit

Der rasante Anstieg des Wasserverbrauchs brachte vor allem in trockenen Teilen der Welt - und dort vor allem in Ballungszentren - große Probleme mit der Wasserversorgung. 55 Prozent der Weltbevölkerung leben in solchen wasserarmen, städtischen Gebieten. Darüber hinaus nutzen schätzungsweise 1,8 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt eine Trinkwasserquelle, die fäkal verseucht sein kann. Dies führt zu Krankheiten, Unterernährung, Armut und erhöhter Kindersterblichkeit. Durch die Bereitstellung grundlegender Anforderungen an die Entwicklung und Erprobung von eigenständigen Anlagen zur Fäkalbehandlung soll der internationale Sanitärstandard ISO 30500 für nicht entsorgte Sanitärsysteme dazu beitragen, die Gesundheitsbedürfnisse vieler Menschen weltweit zu erfüllen.

Österreich schwimmt in Wasser

Österreich ist in Sachen Wasser buchstäblich eine Insel der Seligen. Es ist nicht nur ausreichend Wasser vorhanden, dieses wird auch gut behütet. Zuletzt wurde sogar im Bundesrat betont, dass vor dem Hintergrund des Klimawandels die Trinkwasserversorgung nachhaltig gestaltet werden müsse und nicht privatisiert werden dürfe.

Unser Land ist auch eines der wenigen EU-Länder mit einem Standard, der dafür sorgt, dass Materialien, die mit unserem Trinkwasser in Berührung kommen, unbedenklich sind. Dass die hohe Qualität des Trinkwassers am Weg von der Quelle bis zur durstigen Kehle erhalten bleibt, dafür sorgt zum Beispiel die ÖNORM B 5014 "Sensorische und chemische Anforderungen und Prüfung von Werkstoffen im Trinkwasserbereich". "Sie ist ein dreiteiliges nationales Regelwerk, das die Anforderungen an jene Werkstoffe genau definiert, die mit unserem Trinkwasser in Berührung kommen", erklärt Jörg Nachbaur, zuständiger Komitee-Manager für das Komitee 140 "Wasserqualität" bei Austrian Standards.

Wieso eine heimische Norm für Werkstoffe?

Am Weg von der Quelle bis zum Wasserhahn legt unser Trinkwasser weite Strecken zurück. Es fließt durch Beton-, Metall- oder Kunststoffrohre, wird in Sammelbecken aufgefangen, in Behältern gespeichert und von dort in Gebäude und Wohnungen geleitet, wo es dann aus dem Wasserhahn sprudelt und bedenkenlos konsumiert werden kann.

"Trinkwasser kommt mit zahlreichen Stoffen in Berührung, die die Wasserqualität so wenig wie möglich negativ beeinflussen und die Gesundheit nicht beeinträchtigen sollten", betont Helmut Richter, Mitarbeiter des Fachbereichs Kunststoff- und Umwelttechnik an der Staatlichen Versuchsanstalt TGM Wien. "Je länger sich das Wasser in Kunststoff- oder Metallrohren, Behältern oder Armaturen aufhält, desto wahrscheinlicher kommt es zu unliebsamen Material-Eintragungen, die die Wasserqualität mindern und sich negativ auf die Gesundheit auswirken können", warnt der Chemiker.

"Nicht nur Bleirohre, auch andere Metall- und Kunststoffrohre geben Stoffe ans Wasser ab, die nichts im Trinkwasser verloren haben", betont Richter. "Vor allem Teile von Inneninstallationen, die oft aufwendig gestaltet sind, können aus Legierungen, die Blei und andere unerwünschte Metalle enthalten, bestehen. Metalle, die auf diese Weise ins Trinkwasser gelangen, können, wenn sie über lange Zeit aufgenommen werden, bereits in geringen Konzentrationen gesundheitsschädigend sein. Aus diesem Grund wurden in der Trinkwasserverordnung sehr niedrige Grenzwerte festgelegt und weitere wasserhygienische Vorgaben im Österreichischen Lebensmittelbucht Kapitel B1 'Trinkwasser' verankert."

"Ohne standardisierte Regelungen besteht die Gefahr, dass der österreichische Markt von minderwertigen Produkten überschwemmt wird", weiß Regina Sommer, Professorin für Wasserhygie-ne an der Medizinischen Universität Wien und Vorsitzende der Codex-Kommission "Trinkwasser" im Gesundheitsbereich des Bundesministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Konsumenten-schutz.

"Die ÖNORM B 5014 dient nicht nur der Wasserwirtschaft und dem Bauwesen, um qualitativ hochwertige Produkte einsetzen zu können, sondern vor allem auch der Sicherheit der privaten Hausbauern, die häufig in Baumärkten zu günstigen Produkten greifen, diese einbauen und dann zu spät erkennen, dass sie ungeeignet sind und die Qualität des Trinkwassers beeinträchtigen. Ein Austausch der Installationen ist dann aufwendig und teuer", so die Hygieneexpertin.

Sie rät zur Aufrechterhaltung einer optimalen Trinkwasserqualität in der Gebäudeinstallation neben der Qualität der Materialien auch auf einen möglichst einfachen Aufbau der Armaturen zu achten und auf sogenannte wassersparende Armaturentechnik sowie auf die in Österreich nicht notwendigen Nachbehandlungsgeräte zu verzichten. "In Österreich haben wir den Anspruch und den Luxus, bestes Wasser aus der Wasserleitung genießen zu können. Dafür ist aber die Pflege der Gebäudeleitungen Voraussetzung. Ein Spülen der Leitung ist keine Wasserverschwendung, sondern wie Geschirrspülen eine hygienische Notwendigkeit", erklärt die Wasserhygienikerin.

Ein Tipp für die tägliche Praxis des Wasserkonsums:

"Nach dem Aufdrehen des Wasserhahnes soll man unbedingt vor dem Trinken das abgestandene Wasser aus der Leitung abrinnen lassen. Denn Wasser ist - wie jedes andere Lebensmittel auch - verderblich. Erst wenn das Wasser kalt aus dem Hahn kommt, ist es frisch und somit in bester Qualität genießbar", appelliert Richter.

Neue Baustofflisten des OIB

Zuletzt hat auch das Österreichische Institut für Bautechnik OIB in den aktualisierten Baustofflisten diejenigen Materialien neu spezifiziert, die mit Trinkwasser in Berührung kommen dürfen, und dazu technische Spezifikationen für die Hersteller von Rohren etc. festgelegt. Auch hier spielt die Normenreihe ÖNORM B 5014 eine zentrale Rolle.

Daneben gibt es in Österreich eine Reihe weiterer Standards und Normungsprojekte zur Wasserqualität. Zusammen sorgen diese für die anhaltend hohe Qualität des in Österreich konsumierten Wassers. Die Entwicklung erfolgt unter breiter Beteiligung von Kommunen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen.

Österreich einen Schritt weiter

Österreich hat damit bereits vor längerer Zeit einen Vorgriff zu internationalen Richtlinien gewagt. Denn in der EU wurde erst am 1. Februar 2018 ein Vorschlag für eine Neufassung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch, die sogenannte Trinkwasserrichtlinie, angenommen. Ziele des Neufassungsvorschlags sind die

  • Aktualisierung der Wasserqualitätsstandards,
  • die Einführung eines risikobasierten Ansatzes zur Überwachung der Wasserqualität,
  • die Verbesserung der Informationen über Wasserqualität und zugehöriger Dienstleistungen für die Verbraucher,
  • die Harmonisierung der Normen für Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen,
  • und die Verbesserung des Zugangs zu Wasser.

Nach mehreren Runden in den Gremien der EU hat das Europäische Parlament schließlich am 23. Oktober 2018 im Plenum für Abänderungen an dem Kommissionsvorschlag abgestimmt. Es wurden zwei Punkte benannt, für die politische Vorgaben seitens des Rates erforderlich sind, nämlich zum einen die Frage der Materialien, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, und zum anderen die Frage des Zugangs zu Wasser.

Mit der von der Kommission vorgelegten Neufassung wurde vorgeschlagen, die Prüfverfahren für Produkte, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, durch Standardisierung im Rahmen der Bauprodukteverordnung zu harmonisieren. Im Rahmen eines zu erteilenden Normungsauftrags würden die technischen Spezifikationen und Methoden festgelegt, anhand deren Produkte, die mit Trinkwasser in Berührung kommen, auf die Einhaltung von Hygiene- und Sicherheitsanforderungen hin geprüft werden.

Beim Thema "Zugang zu Wasser" herrscht in Europa noch Uneinigkeit. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, zwei neue Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten einzuführen, und zwar

  1. den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern und die Nutzung von Trinkwasser zu fördern sowie
  2. alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang von schutzbedürftigen und ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen zu Trinkwasser sicherzustellen.

Den Mitgliedstaaten soll allerdings unter voller Wahrung des Subsidiaritätsprinzips die erforderliche Flexibilität eingeräumt werden, Maßnahmen zu treffen, die ihren geografischen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten angemessen sind.

Medienkontakt
Mirjana Verena Mully, Head of Communications

Mirjana Verena Mully

Head of Communications